„Hach, sind wir wieder sentimental?!“
Ja, und!? Ich behaupte, dass Menschen, die ihre Gefühle und Emotionen frei ausleben, vielleicht öfter anecken und belächelt werden aber auch, dass sie wesentlich gesünder leben, als Menschen, die ihre Gefühlsregungen unterdrücken.
Warum Cool- Sein? Ist das wirklich erstrebenswert? Coole Sonnenbrille, cooles Outfit, cooles Auftreten, was bedeutet: selbstsicher, schlagfertig und makellos!
Ja, klar, in den Medien kommen solche Menschen immer gut an und wir beginnen, zu denken, dass wir, wenn wir auch so rüber kommen, ebenso gut ankommen.
Und die „Über-Emotionalen“ hinter der TV-Scheibe gehören auch nur ins Fernsehen, denn sie sind eigentlich nur verrückt. Emotionalität wird uns scheinbar sogar aberzogen!
Doch das reale Leben unterscheidet sich glücklicherweise von dem Leben hinter der Plasma-Scheibe!
Ja, Gott sei Dank, ist dieses Leben anders! Es ist voller Makel, es ist voller Emotionen, Berg– und Talfahrten. Es ist bunt und es ist immer neu!
Und doch verbinden wir doch allzu häufig unser Erwachsenen-Sein damit, möglichst sachlich über den Dingen zu stehen.
Nicht in Heulattacken zu verfallen, uns eben nicht schmollend in die Ecke zu verkriechen und eben nicht frei raus zu hauen, was uns gerade aufwühlt.
Warum greife ich dieses Thema überhaupt auf? Ganz ehrlich? Weil mir diese Überschrift ganz spontan eingefallen ist, als ich darüber nachdachte, was ich gerne schreiben möchte. Diese Worte kamen zu allererst, aus dem Herzen, wie eine Emotion! Und hierüber fällt mir eine ganze Menge ein.;-)
Ich habe mich selbst dabei ertappt, Emotionen als etwas Schlechtes anzusehen. Ich wollte sie in den Griff bekommen, ich wollte diese Höhen und Tiefen abschaffen und eine einigermaßen flache Wellenlinie daraus machen. Ich setzte mir das Ziel, meine goldene Mitte beizubehalten und mich immer wieder auf diese Mitte konzentrieren. Gleich einem weisen Meister, der nur noch ruhig da sitzt und einfach nur noch IST. Ich dachte, jede emotionale Regung zeigt mir , dass ich noch nicht am Ziel bin.
Seit einiger Zeit gelang es mir nicht mehr, diese innere Ruhe und Gelassenheit zu leben und ich fragte mich, warum das so ist. Ich begegnete einer Frau, die mir sagte:
Willst Du wirklich immer Deine goldene Mitte leben? So erlebst Du nichts Neues! Wo bleibt da die Lebendigkeit? Lebe doch das aus, was sich zeigt, was aus dir heraus will! Das hat doch seine Berechtigung! Warum willst Du das unterdrücken und in den Griff bekommen? Du bist ein Mensch aus Fleisch und Blut und Du bist ein emotionales Wesen! Stehe doch dazu!
Bumm – Bäng! Das hat gesessen! Das ging mitten ins Herz! Es ist hängen geblieben und jetzt zeigt es sich wieder, während ich diese Zeilen schreibe. Jetzt wird es mir nochmals so richtig bewusst, was das eigentlich bedeutet! Und mir wird auch gerade bewusst, was mich daran hindert.
Ich finde, sie hat vollkommen Recht gehabt mit ihrer Aussage! Will ich wirklich immer um meine goldene Mitte kämpfen? Damit ich wieder diese ausgeglichene, Ruhe ausstrahlende Gisi bin, was von anderen durchaus ja auch immer wert geschätzt wird.
Ich habe einmal vor vielen Jahren in einer Selbsterfahrungsgruppe eine negative Erfahrung gemacht: uns wurde erlaubt, bei Bedarf in die Mitte des Kreises zu gehen und unseren Emotionen freien Lauf zu lassen. Als ich mich traute, während es aus mir heraus platzte, schienen alle betroffen zu sein.
Niemand klopfte mir anschließend auf die Schulter und sprach mir Lob aus, wie es bei den anderen der Fall war. Nein, bei mir waren alle betroffen, weil niemand damit gerechnet hatte, dass ausgerechnet ich…. so ausfallend werden könnte…. Das hat mich, wie viele andere Ereignisse, anscheinend sehr beeinflusst.
Mir fallen gerade einige Situationen ein, die mich geprägt haben, die ruhige goldene Mitte zu bevorzugen, weil ich damit am wenigsten anecke!
Ich habe es mir bisher nicht erlaubt, meine Emotionen wirklich frei auszuleben.
Das würde auch bedeuten, einmal wie ein kleines Kind laut stampfend und vor sich hin schreiend durch die Wohnung zu laufen. Nicht einmal, wenn ich alleine war, habe ich das ausgelebt. Lediglich meine Traurigkeit konnte ich ausleben, ins Kopfkissen weinen, mich schluchzend unter die Decke verkriechen. Ha, selbst da habe ich mich versteckt.
Ich nehme mir ab jetzt vor, diese alten Muster abzulegen und meine Emotionen auszuleben, spontan und mutig. Ich erkenne, dass es ein wertvoller Teil von uns als Menschen ist. Der Teil, der uns als herzzentrierte Wesen, ganz besonders macht.
Wir sind in der Lage, zu lieben, zu trauern, uns zu freuen, zu lachen, zu weinen, zu hassen, zu verzeihen…. Das macht uns als Menschen besonders.
Und auch die Männer dürfen emotional sein! Sie dürfen und sollen sich verletzbar zeigen, das macht sie umso attraktiver! Ein Mann, der weinen kann! Wunderbar! Liebe Männer, ihr seid keine Weicheier, wenn ihr emotional seid! Ich liebe es!
Und wenn Du, Mann, einer Frau begegnest, die das an Dir ablehnt, dann schau sie dir genau an! Du wirst erkennen, dass sie genau das auch an sich selbst ablehnt! Du bist ihr Spiegel!
In meiner Partnerschaft darf ebenfalls Platz dafür sein. Das haben wir so miteinander vereinbart. Und auch das ist so wichtig. Jeder darf seine Gefühle ausleben, sich so richtig auskotzen, wenn es für ihn sein muss, ohne dass der andere sich beleidigt von ihm abwendet. Jeder gibt sich selbst und dem anderen die Erlaubnis, so sein zu dürfen. Und jeder ist für den anderen so da, wie er gerade dann gebraucht wird. Es gibt nichts Schöneres, als so sein zu dürfen, wie man sich gerade fühlt.
Und alles Schöne, Kreative, Erhellende, Bereichernde kommt nicht aus einem rein rationalen Verstandesbewusstsein, sondern vielmehr aus unserem Gefühlsbewusstsein, aus unserer Weichheit, unserer Empfänglichkeit und Offenheit dem Leben gegenüber.
Wie viele Bücher wurden schon geschrieben, wie viele Bilder wurden gemalt aus tiefster Emotionalität heraus! Und wie sehr berühren sie unsere Seele!
Du siehst, Emotionalität darf sein!
Lebst Du sie mit mir gemeinsam aus? Ich sage JA zu meinem menschlichen Dasein und ich bin froh, dass ich fühlen kann! Und ich bin gespannt, wie gut es mir gelingen wird!
Aber es ist wie bei Allem: Übung macht den Meister!
Herzlichst Deine Gisi